Hannovers selbstverwaltetes Studierendenwohnheim


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Die Schwesternhausbäume und ihr Drumherum

Schade dass keina* von den Schwesternhausbäumen deutsch spricht oder englisch, französisch, spanisch, koreanisch, chinesisch, arabisch etc. - da haben wir ja inzwischen ein breites Angebot im Haus… Manche von den rund 50 Bäumen waren wohl von Anfang an dabei und sind so uralt wie das Haus selbst - die meisten sind zumindest so lange dabei wie der Schwesternhausverein. Sie hätten uns also viel zu erzählen, von dem was sie von unserer spannenden Geschichte und den einzelnen Bewohnan so alles mitbekommen haben…. Da sie aber nur eine sehr körperliche und raschelnde Sprache haben, versuche ich mal was aus menschlicher Perspektive zu Ihnen zu schreiben. Also:

Die Bäume hier sind unser Schatz!

Hainbuchenhimmel: Die hochgewachsenen Bäume stabilisieren sich gegenseitig im Kreis, indem sie ihre Äste zusammenlegen (© Catonka Friedrichs)

Wieso? Ganz in der Nähe einer der am stärksten versmogten Straßen von Hannover bilden sie unsere grüne Lunge und versorgen uns mit frischer Luft. Sie dämpfen belaubt den Stadtlärm, schützen uns vor Ozonbelastungen, vor aufdringlichen Blicken aus der Bundeswehr und dem Altenheim und sind mitten in der Stadt Erholung pur!

Wo andere erst noch in den nächsten Park düsen müssen, brauchen wir einfach nur die Fenster aufzuziehen. Und gratis dazu können wir uns über herumkletternde Eichhörnchen, für Stadtverhältnisse ungewöhnliche Vögel, herbstliche Igel, im Schatten des Hainbuchenzirkels herumpaddelnde Molche und bei genauerer Betrachtung Milliarden von Minilebewesen freuen! (Von den auch eher in Gras und Büschen lauernden, inzwischen oft borrioloseverseuchten Zecken mal abgesehen – grrrr! Doch das ist ein anderes Thema.).

Mit unserem genialen, dezent verwilderten Ökotop sind wir beim städtischen Naturschutz mit dabei, mal mehr – mal weniger, doch oft ganz gut.

Natürlich gibt beim Thema Gartengestaltung viele Parallelen zum Leben im Haus und dessen Politik. Es gab bisher platte Licht- und Schattenkämpfe, Schlachten um die Amputation des Hainbuchenzirkels, Ästhetikknätsche und vieles mehr. Die Gartenzwerge haben da nicht nur sehr sehr viel zu tun, sondern auch sehr viel Gestaltungsmacht - wie es bei keinem anderen Amt im Haus ohne Abstimmungen möglich ist.

Entsprechend wird auch das Baumleben hier stark vom jeweiligen gartenzwergischem Interesse und Verständnis für Bäume geprägt. Doch der Schatz bleibt nur bewahrt, wenn auch sonst im Haus genügend Leute sind, die Lust haben sich dafür einzusetzen.

Und freie Zeit braucht´s dafür auch, was bei ansteigendem Studistress gar nicht so einfach ist, (der ja leider auch andere Projekte im Haus erschwert, die früher anscheinend einfacher zu realisieren waren). Leider haben nicht nur wir mehr Stress – die Bäume haben ihn auch. Und während wir alles hinschmeißen und woanders hingehen können, wenn es uns nicht passt – müssen die, solange sie leben, an einer Stelle stehen bleiben. Nämlich hier, beim Schwesternhaus! Da sind sie dann nicht nur Fahrradöl, pinkelnden Hunden (naja, von mir aus auch Katzen), desinteressierten groben Bauarbeitern und ihren Gräben, Grundwasserabsenkungen, Klimaveränderungen, „freizusägenden“ Feuerwehreinfahrten sowie unsachgemäß gebuddelten Fahrradständerlöchern, zugepflasterten Autoparkplätzen, zubetonierten Straßen und schwereren Gewichten unterhalb des Kronebereichs ausgesetzt… - sondern auch typischen Schwesternhausaktivitäten, wie z.B. bei Mondenschein die verstorbenen Lieblinge im Garten zu verbuddeln (und störende Wurzeln dabei einfach „wegzumachen“) oder unermüdlich zu versuchen unter Bäumen Gras anzupflanzen.

Um zu verstehen, warum das doof ist, möchte ich an dieser Stelle kurz auf einige Baumbasics eingehen:

1. Die Wurzeln sind das Herz des Baumes

© Catonka Friedrichs

Durch die Wurzeln ernährt er sich. Die im Wasser gelösten Nährstoffe werden aus dem Erdreich durch Leitungen im frischen, innenliegenden sog. Splintholz nach oben transportiert. Die durch die Photosynthese der Blätter gewonnen Kohlenhydrate werden dann in der sog. Bastschicht, die direkt unter der Rinde liegt nach unten zu den Wurzeln gebracht. Und wo sind die meisten Wurzeln? Direkt unter den Bäumen. In der Regel verlaufen sie unter der Erde fast spiegelbildlich zu der Fläche die das Blätterwerk einnimmt. Und deshalb ist der Baumkronenbereich in Hannover auch eigentlich durch die Baumschutzsatzung geschützt. Wenn dann doch (wie bei den Blitzschutzarbeiten bei einer 100jährigen Kastanie passiert) mit dem Bagger ein Graben im Kronenbereich gebaggert wird, dann kann das schnell mal dem Baum den Strick geben, weil er sich nicht mehr ausreichend ernähren kann oder dadurch eindringende Pilze ihn über die Jahre hinweg immer weiter morschen lassen. Durch solch einen Wurzelcut kann jedoch auch die aktuelle Standfestigkeit ins Wanken geraten und der Baum kippt (was in diesem Beispiel glücklicherweise nicht der Fall war). Es gilt deshalb:

  • Mechanische Schädigungen von Wurzeln ab 2cm Durchmesser sind möglichst zu vermeiden, da es zum gefährlichen Eintritt von Pilzen und anderen Schädlingen kommt, wenn der Baum es aufgrund der Größe der Wunde nicht schafft, sie rechtzeitig zu verschließen!
  • Doch auch das flächige Zerreißen der direkt unter der Erdoberfläche hausenden Feinwurzeln ist nicht harmlos. Gerade hier wird ganz viel Sauerstoff getankt und der Baum mit Nährstoffen versorgt. Deshalb gibt es zum Rasensäen im Baumkronenbereich auch den alten Spruch: „Das Gras ist das Leichentuch der Bäume.“ Ganz so heftig ist es zwar nicht, aber zum einen futtert das Gras dem Baum da einiges an Nährstoffen weg (ist also ein Konkurrenzverhältnis) und zum anderen ist die Zerstörung des Feinwurzelgewebes im Kronenbereich zur Auflockerung des Bodens per Harcke, Schaufel oder was auch immer, sehr schädlich für den Baum. Und dann ist es meistens eh zu schattig dort, so dass das Gras nix wird! An dem Grasversuch sind Generationen von Schwesternhausbewohnan immer wieder gescheitert. (Also besser lassen oder wenn es doch wieder welche wagen wollen: statt Erdewühlen einfach einen Zentimeter Erde oben drauf schütten und dann Samen locker reinwerfen…)
  • Auch das verbuddeln von verstorbenen Kanarienvögeln, sollte also vorsichtig erfolgen: Möglichst nicht im Baumkronenbereich und wenn dies tatsächlich nicht vermeidbar sein sollte: möglichst weit weg von Stamm behutsam graben und sowie Wurzeln von über 2 cm Dicke auftreten… woanders weiterbuddeln!
  • Weitere Schäden entstehen bei den Schwesternhauswurzeln gelegentlich durch Bodenversiegelungen wie z.B. bei der Pflasterung von Gehstreifen oder zusätzlichen Parkgelegenheiten. Der Baum bekommt an diesen Stellen dann weder ausreichend Luft, noch Wasser. (Wobei die heiß diskutierte Sand-/Kiesschicht der Kiko im Garten zumindest luft- und wasserdurchlässig ist.) Heftig sind auch Bodenverdichtungen durch Fahrzeuge und das Lagern von Baustoffen, wodurch die Feinwurzeln gequetscht werden. Von den bereits erwähnten Löchern und Gräben (z. B. wegen noch schneller leitenden Telekomfasern oder unvorsichtig platzierten Fahrradständern) mal ganz abgesehen.

2. Die Rinde ist die Haut des Baumes

Sie ist ein wichtiger Schutzfaktor. Wird sie beschädigt, können auch die direkt darunter liegenden Nährstoffbahnen zerstört werden. Das wiederum kann den Baum in radikalen Fällen sofort töten und ist auch schon bei kleineren Schäden bedenklich, da dadurch die fiesen Pilze (gibt auch harmlose) und andere Schädlinge eindringen können. Also Rinde abpuhlen, Fahrrad dran schubbern, Herzchen ritzen, scheuernde Seile anbringen und mit Gegenständen auf den Stamm einschlagen sollte ebenfalls vermieden werden - was beim Schwesternhaus meistens, aber leider nicht immer gelingt.

3. Äste schneiden ist nich wie Haareschneiden

Mechanisch verletzter Stamm. Doch die Kapellenkastanie hat es in den letzten Jahren geschafft, die Wunde abzuschotten und mit Holz zu überwallen. Wenn alles gut geht, ist die Wunde in 3-4 Jahren dicht. (© Catonka Friedrichs)

In der Vergangenheit wurden im Garten einige Bäume durch Fehlschnitte und Astsägereien verhunzt - einigen wurde damit sogar ein gesundes, langfristiges Leben vermiest. Gutes Äste-schneiden ist nicht so simpel wie Schnippschnapp-Haare-schneiden, wo das Haar in der Regel einfach wieder nachwächst. Damit der Baum nicht darunter leidet, sollte einiges beachtet werden:
So sollten z.B.

  • …lieber viele kleine, als ein großer Schnitt gesetzt werden (Regel: je größer die Wunde – umso schwieriger die Wundheilung!)
  • …die Schnittflächen glatt sein, da die zu verheilende Oberfläche dadurch kleiner ist und außerdem so platziert sein, dass die nachwachsenden Äste später voraussichtlich nicht aneinander reiben werden
  • …am Ende des übrig gebliebenen Astes noch ausreichend viele Blätter vorhanden sein (damit der Baum genug Anreiz hat, ihn weiter zu versorgen) und der Ast sollte durch den Schnitt nicht im „Knick“ enden, sondern im zentralen Astverlauf harmonisch weitergehen, da er sonst aufgrund mangelnden „Saftstroms“ absterben könnte
  • …Schnitte auf keinen Fall den Stamm verletzen und auch keinen auffälligen Stummel hinterlassen, sondern (vom Astende aus betrachtet) direkt vor dem am Stamm anschließenden sichtbaren Astring geführt werden (der übrigens auch Abschiedsring genannt wird und manchmal nicht erkennbar ist)

Doch nicht nur unwissende (oder die eigenen Fertigkeiten überschätzende) Schwesternhäusla – auch Baumpflega können bei der Baumpflege Murks machen.

So haben Baumpflega in den letzten paar Jahren u. a.

  • …ihr schweres Autos aus Bequemlichkeit auf die Erde unter der Krone gefahren und sich mit breiten Reifen rausgeredet,
  •  …bei der Fällung eines Baumes den Stamm des nächsten gleich mit angesägt,
  •  …Kronensicherungen eingebaut wo keine erforderlich waren und Bäume mit weniger Tonnen abgesichert als es nötig war,
  • …die hannoversche Baumschutzsatzung nicht gekannt oder nicht beachtet und dem Baum zu große Wunden geschnitten. (Sie wussten z.B. nicht, dass bei Kastanien und Roteichen schon Astschnitte ab 5 cm Durchmesser beim Grünflächenamt beantragt werden müssen und nicht wie bei anderen Baumarten erst ab 10 cm - da diese Bäume Wunden schlechter abschotten.)

Fazit: Das Rumgepfusche im Garten ist vergleichbar mit der Situation der Renolandschaft im Haus. Gute Arbeit ist da sehr von der Qualifikation der Berata, des Engagements einzelna sowie der Kontrolle der Durchführung und der Ergebnisse abhängig. Und es ist immer auch eine Portion Glück dabei an kompetente Fachleute in der richtigen Tagesstimmung zu geraten.

(Von den komplexen Problemen die in den Dingen oder in den Bäumen an sich stecken und gerne im Projektverlauf zutage treten… mal abgesehen.)

In diesem Zusammenhang ist es übrigens auch gut zu wissen, dass die Bezeichnungen „Gutachter“ oder „Baumpfleger“ keine geschützten Begriffe sind. So kann sich wirklich jeda von uns nennen. Das heißt ohne qualifizierende Zusatzartikel erstmal gar nix.

Tja, sumasumarum kann also einiges beachtet werden…

© Catonka Friedrichs

Jetzt könnte manch eina natürlich irritiert sein, wenn an dieser Stelle soviel Aufhebens um den Schutz der Bäume gemacht wird, eine Ecke weiter jedoch städtische Bauarbeita bei ihrer Arbeit ganz offensichtlich gegen die Baumschutzsatzung verstoßen oder für den Verkehr an den größeren Straßen einfach dicke Äste abgesägt werden, da dieser klare Prioritäten hat. Auch sind mancherorts Bäume im Kronenbereich fast rundherum zubetoniert und scheinen trotzdem zu überleben…

Dazu folgendes: Ersteres hängt damit zusammen, dass es bzgl. der Einhaltung der Baumschutzsatzung zu wenig Gelder für die Kontrolle gibt und sie oft als lästig empfunden wird. Denn Baumschutz ist auch eine politische Entscheidung. Wenn Hannover von Menschen regiert wird, denen Naturschutz egal ist, kann sie in den nächsten Jahren sogar ganz verabschiedet werden (wie in Langenhangen bereits passiert) und dann Grölen auch hier die Kettensägen…

Letzteres hat mit dem Alter der Bäume zu tun: Ein junger Baum der in einen stark zubetonierten Bereich eingepflanzt wird, hat da erstmal relativ gute Überlebenschancen, weil er sich dem versucht anzupassen und Freiräume auszuloten. Unsere alten Kastanien dagegen haben zwar den ersten und zweiten Weltkrieg überlebt, aber ihre Wurzeln haben sich in ein ursprünglich viel freieres Umfeld eingerichtet und kommen nun mit Veränderungen nur sehr begrenzt zurecht. (Das ist wie bei älteren Menschen…)

Davon abgesehen ist die Frage um Leben, Krankheit oder Tod eine multikausale Angelegenheit. Eine scheinbare Kleinigkeit kann zusätzlich zu bereits vorhandenen Stressoren das „Stressfass“ zum Überlaufen bringen und den Baum somit zum Kränkeln und Sterben. Das merken wir dann aber meistens nicht gleich, sondern erst Jahre später, wodurch die kausalen Zusammenhänge nicht mehr deutlich sind.

Der Schutz ist also wichtig und auch, dass er (zumindest ausreichend) gewollt ist!

Manchmal wird ein Eichhörnchen von mehreren Krähen im Garten gejagt - das kleine Baumdickicht ist dann ein guter Ort um sich zu schützen (© Christian Stolz)

Im Schwesternhaus gibt es dazu allerdings immer wieder Gegenstimmen. Von Zeit zu Zeit tauchen auf den Hausvollversammlungen (kurz: HVVs)  „Mehr Licht“- Tops auf, weil es Bewohnan durch den Schatten der Bäume zu dunkel in der Wohnung ist oder sie sich im Garten an einer bestimmten Stelle länger sonnen wollen. Die Forderungen reichen dann von massiven Einkürzungen bis hin zu Fällungen. Das ist für die Bäume und das dazugehörige Ökosystem natürlich gefährlich. Was tun? Es ist verständlich, wenn Bewohna ihre Wohnungen hell haben wollen und sollten nun direkt ans Fenster dünne Äste hängen, so ist es eine gute Idee diese entsprechend der Baumschutzsatzung von Fachleuten etwas kürzen zu lassen. Größere Säbelaktionen schaden leider dem Baum und sollten möglichst vermieden werden. Während wir Schwesternhäusla hier nur wenige Jahre leben, sind die Bäume die ältesten Wesen auf dem Gelände und schützen uns, sofern sie heil bleiben, noch viele Jahrzehnte vor schlechter Luft, Hitze und Ozon. Da kann es manchmal sinnvoll sein bei Bedarf lieber in eine hellere Schwesternhauswohnung umzuziehen (die dann im Sommer allerdings auch schwüler ist), als einen Baum zu killen. Und Leute die die Bäume weghaben wollen, damit sie sich im Sommer im Garten länger an einer bestimmten Stelle braunbrutzeln können, sollten dafür vielleicht lieber die nächsten Badeseen aufsuchen…

Naturschutz hat seinen Preis und es wichtig, dass es hier Menschen im Haus gibt, die bereit sind ihn in der Gegenwart zu bezahlen, damit die Bäume uns und allen anderen Lebewesen hier langfristig nutzen können. Wobei die Vorteile die wir von ihnen haben, vielen vermutlich gar nicht so bewusst sind… Wir leben hier mitten in der Stadt in einer erstaunlich grünen Ecke, wo die Bäume in der Summe weniger wie eine Rarität, als wie eine üppige Selbstverständlichkeit wirken - was aber leider nicht so ist.

Das Wohlergehen der Bäume ist jedoch nicht nur durch Daddeleien, Desinteresse oder gelegentliche Feindseligkeiten von uns gefährdet. Auch sie erwischt der Klimawandel. Uns selber schützen sie zwar vor Sonnebrand und Hitzestöhn– aber selber leiden sie auch darunter. So kann u. U. manch eine Baumsorte beim Schwesternhaus in den nächsten Jahrzehnten aufgrund der heißer werdenden Sommer aussterben, indem sie verdurstet oder an einer der zunehmenden Baumkrankheiten zugrunde geht.  Deshalb ist es sinnvoll bei Neupflanzungen im Garten Bäume auszusuchen die auch mit etwas weniger Wasser auskommen (wie z. B. Apfelbäume). Und an Hitzetagen sollte vielleicht dem einen oder anderen Baum, der es nötig hat, mal ein Schluck Wasser gegeben werden, um seinen Stress zu mildern…

Soweit dazu. Was können wir sonst noch tun? Wie können wir diese wundersamen Gestalten (wer sich näher auf sie einlässt wird verstehen was ich meine) längerfristig in ihrem Survivaltraining unterstützen bzw. sie zumindest so weit es geht, nicht dabei behindern?

Informationen gehen von einem zum nächsten oft verloren. So weiß z.B. keina mehr, was dieser Zettel, über eine Baumschutzpatenschaft für die Kastanien in der Schwesternhausstraße, der seit Jahren an der Bürotür vergilbt, genau bedeutet: Wer hat das wann, wieso gemacht und was wurde dafür getan? (© Christian Stolz)

Wichtig ist vor allem, bereits vorhandenes Wissen oder Erfahrungen weiterzugeben, entsprechend die (übrigens verbindliche) Baumschutzsatzung einzuhalten und bei der Auswahl von Baumpflegern mehr auf eine qualifizierte Ausbildung, einen guten Ruf und ein gewissenhaftes, fundiertes Auftreten zu achten als darauf den scheinbar allergünstigsten Preis zu zahlen (was bei schlechter Arbeit letztendlich doch „teurer“ wird).

Das mit dem „Wissen weitergeben“ ist aufgrund der schnellen Fluktuationen im Haus und der vielfältigen Activityorte hier jedoch gar nicht so einfach. Erfahrungsgemäß geht da im Laufe der Zeit eine Menge verloren. Bisherige Ideen um das Problem zu lösen waren z.B.:

  1. hausinterne Baumschutz-HVV-Beschlüsse
    Diese geraten jedoch öfter mal in Vergessenheit, da die HVV ein sehr lebendiges System mit wechselnden Teilnehman ist, wo viele Entscheidungen relativ spontan gefällt werden und sich anhand der vielen Tops selten die Zeit genommen wird intensiver über längerfristige Pläne oder längerfristige Auswirkungen von Entscheidungen nachzudenken (was natürlich seine Vorteile hat, aber eben auch Nachteile).

  2. ein „Baumschutzamt“
    den bereits bestehenden ca. 50 Ämtern im Haus hinzuzufügen, um die Gartenzwerge zu entlasten und die Einhaltung der Baumschutzsatzung bei Bau- und Baumarbeiten besser zu gewährleisten.
    Doch auch das macht nur Sinn, wenn das Amt von eina bekleidet wird, der die Bäume am Herzen liegen und die bereit ist sich in das Thema reinzufuchsen. Ansonsten kann es auch schädlich sein, weil dadurch oberflächliche Fehlentscheidungen leichter „abgesegnet“ werden können

  3. Wikipedia für Ämter zur Wissensspeicherung
    Das hätte zwar viele Vorteile, es wäre jedoch wichtig dabei auf den personenbezogenen Datenschutz und die Richtigkeit der gemachten Aussagen zu achten (da sonst eine schräge Info immer weiter gegeben werden kann…).

  4. Einführung eines Katasters
    Dabei würden die Bäume von einem unabhängigen Gutachta aufgelistet und ca. einmal jährlich untersucht sowie konkrete Arbeitsaufgaben für die Baumpflega ausgeschrieben werden. Das hätte den Vorteil, das die Aufgaben klar sind, die Arbeiten einer gewissen Kontrolle unterliegen, die Bäume über Jahre hinweg mit dem Wissen um die vorherigen Entwicklungen im Auge behalten werden und wir unseren versicherungsrechtlichen Verpflichtungen nachkommen. Außerdem ist es eine relativ günstige Angelegenheit.

Soweit zu den Gefahren und Schutzmöglichkeiten unserer Bäume. Am Schluss möchte ich ein pflanzenfettes Lob auf unsere momentanen Gartenzwerge und alle anderen Hausbewohna aufschreiben, die sich für den Erhalt unseres Baumparadieses einsetzen. (Gilt aber auch für alle vorherigen Aktivisten!)

© Alexander Raba

So achten wir u. a. aktuell bei den Baumpflegan darauf , dass sie fachlich fitt sind und haben das Laubholzhexelgeschenk des Baumpflegers Martin Ahrens dazu benutzt, um bei den beiden 100jährigen Bundeswehreingangs-Kastanien für eine geringere Trittbelastung zu sorgen (was übrigens 1x jährlich erneuert werden sollte, weil dann die Wirkung nachlässt…).

Außerdem haben wir uns gelegentlich an das frisch entdeckte Baumschutztelefon der Stadt Hannover mit Fragen gewandt und die hochkompetente, vereidigte Baumgutachterin Claudia Amelung (die uns auch in der Vergangenheit schon sehr hilfreich war) als Beraterin bei einer Baustellenaktion eingesetzt. Eine Katasteranlegung durch sie geht als TOP in die nächste HVV.

Es ist wirklich faszinierend, was im und ums Schwesternhaus herum alles klappt! Auch wenn immer wieder einiges schief geht (und ich hier einige Probleme geschildert habe), können wir insgesamt Stolz auf unsere Fähigkeit sein zu erhalten und zu gestalten! Nach meinen bisherigen Erfahrungen gibt es wenige Projekte die so gut funktionieren – und so schöne alte Bäume haben. Lasst uns diesen wundervollen Schatz weiter entdecken, genießen und bewahren! Hier und andernorts!

Catonka Friedrichs im Jahre 2011


* Da ich ohne großen Aufwand mit –innen etc. geschlechtsneutraler schreiben wollte, habe ich hier ein kleines, unperfektes Sprachexperiment gestartet und alle personenbezogenen –ers mit –as ersetzt. Das „Schwesternhaus“ als feststehender Name habe ich der Verständlichkeit halber so gelassen. Und die Baumwesen blieben aus dem Grund ebenfalls männlich.

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letzte Aktualisierung am: 27.07.2011